Unsere Bedenken

In der offengelegten Begründung der Stadt vom 4.5.2017 heißt es unter I. 1. 1.1 wörtlich:  „Ziel des Südrings ist es, eine vollständige Umfahrung des historischen Stadtkerns für den Durchgangs- und Gewerbeverkehr zu er möglichen. Auch könnte durch den Südring der Knotenpunkt am Bahnübergang Steinheimer Straße entschärft und dadurch die Erreichbarkeit der Gewerbegebiete im Gebiet Horn-Nord von der Bundesstraße 1 deutlich verbessert werden.” Als weitere Aufgabenstellung des Südrings wird unter 2.6 der Begründung die Erschließung des westlich von ihm geplanten Neubaugebiets genannt. Diese drei Aufgabenstellungen des geplanten Südrings werden im Folgenden behandelt.

1. Der Südring als Umfahrungsmöglichkeit des Stadtkerns

Man würde erwarten, dass die Stadt einen Grund für den Wunsch nach einer solchen Umfahrungsmöglichkeit angibt. Ein solcher fehlt aber. Man baut Straßen, die Land verbrauchen, Boden versiegeln und Geld kosten, wegen bestehender und nicht anders zu befriedigender Verkehrsbedürfnisse. Mit anderen Worten: Es muss eine Umfahrungsnotwendigkeit des Stadtkerns bestehen, bevor man eine Umfahrungsmöglichkeit durch Bau einer neuen Straße schafft. Es wird nicht angegeben, was für ein Verkehrsbedürfnis hier vorliegen könnte. Offenbar will man ohne neuerliche Sinnprüfung eine alte Bauleitplanung umsetzen.

Die Planung von 1975 beruht auf den planerischen Vorstellungen der Zeit um 1970. Damals herrschte zum einen die Philosophie vor, die Innenstadt völlig von Verkehr frei zu halten. Zum anderen war man der Meinung, Grund und Boden stünden für den Straßenbau ohne weiteres in gewünschtem Umfang zur Verfügung. In beiden Punkten haben sich die Auffassungen mittlerweile grundlegend geändert.

In Horn hat man seinerzeit mit der Einrichtung der Fußgängerzone in West-Ost-Richtung Teile der Innenstadt von Verkehr frei gehalten. Ein ähnliches verkehrliches Innenstadtkonzept auch für die Nord-Süd-Richtung würde eine Umfahrungsmöglichkeit des Stadtkerns nötig und damit den geplanten Südring plausibel machen. Mittlerweile hat sich aber die Verkehrsphilosophie hinsichtlich der Innenstadt geändert. Man will heute durchaus wieder Verkehr in der Innenstadt haben. Gerade in diesen Wochen wird die Innenstadt auch in West-Ost-Richtung für den Verkehr wieder geöffnet. Wie will man da sagen, in Nord-Süd-Richtung solle die Innenstadt aber vom Verkehr befreit werden? Die Planung erscheint heute einfach überholt.

Die Innenstadt ist verkehrlich nicht überlastet. Dies zeigt unsere tägliche Erfahrung. Eine von uns angeregte Verkehrszählung fehlt bisher. LKW-Verkehr gibt es in der Kernstadt jetzt schon nicht. Viele Personen fahren aus dem Raum Leopoldstal/Sandebeck nach Detmold durch die Innenstadt und nutzen die bestehende Umfahrungsmöglichkeit über die B 1 und Paderborner Straße nicht, eben weil die Innenstadt verkehrsarm und schnell zu durchfahren ist. Es fehlt in der Begründung der Stadt auch jede Betrachtung dazu, warum die bestehenden Umfahrungsmöglichkeiten nicht reichen.

Damit dürfte das an erster Stelle genannte Ziel des Südrings als Begründung ausfallen.

2. Der Südring als Erschließungsstraße

Nach Punkt 2.6 der offengelegten Begründung soll der Südring die Haupterschließung für das in seinem nördlichen Bereich vorgesehene Wohn- und Mischgebiet bilden; das weitere Plangebiet solle eine Zufahrtsmöglichkeit zum Röddepöhler Weg erhalten. In den offengelegten Zeichnungen ist jedoch keine Öffnung des Südrings zum Wohn- und Mischgebiet oder zu anderen Neubaugebieten erkennbar. Die einzige Öffnung des Südrings verbindet ihn in seinem Mitte-Süd-Abschnitt mit dem östlichen Ende des Röddepöhler Wegs. Keine einzige der das Plangebiet erschließenden neuen Straßen ist an den Südring angebunden. Alle im Plangebiet vorgesehenen Straßen sind an die Bestandsstraßen angebunden und diese und eben nicht der Südring erschließen damit das Plangebiet in allen seinen Teilen. Der vom Südring über die einzige Öffnung kommende Verkehr verteilt sich über den Röddepöhler Weg in das Plangebiet hinein. Dieser Verkehr wird nicht zahlreich sein. Denn wer aus der Stadt kommt und über den Röddepöhler Weg das Plangebiet erreichen will, fährt hinter der Turmschule von der Leopoldstaler Straße in den Röddepöhler Weg ein – und so auch wieder zurück. Diese Straße, eine barrierefreie „Spielstraße“, wird neben der Fröbelstraße die Haupterschließung des Plangebiets bilden; im südlichen Teil sind es die Trift und der Heideweg. Die Darstellung der Stadt, der Südring sei eine Erschließungsstraße, ist also ganz überwiegend falsch und deshalb irreführend. Sie kann den Südring nicht begründen.

Der Hintergrund dafür, den Südring als Erschließungsstraße zu deklarieren, dürfte sich aus einem Artikel der Landeszeitung vom 29.4.2000 ergeben.

 

3. Der Südring als Umgehungsstraße
Nach dem Ausfall der beiden anderen Begründungen beurteilt sich die Planung nur noch danach, inwieweit der Südring als verkehrliche Anbindung des Gewerbegebiets Horn-Nord geeignet und nötig ist. Der Südring wird die ihm zugedachte Aufgabenstellung nicht zufriedenstellend erfüllen.

Eine Anbindung des Gewerbegebiets an die Auffahrten der südlich verlaufenden B 1 (Waldschlösschen und Leopoldstaler Straße) erscheint planerisch von vornherein heikel, weil sich das Gewerbegebiet im Norden von Horn befindet – zwischen dem Gewerbegebiet und den Auffahrten also die Stadt liegt. An der will sich der Südring – mit entsprechenden Belastungen der Anrainer – vorbeiquetschen. Der Südring zieht den gewerblichen Verkehr zur Stadt hin. Das ist städtebaulich falsch; richtigerweise leitet man ihn von der Stadt weg.

Indem die Stadt die Wohnbebauung bis unmittelbar an den Lärmschutzwall vorsieht, bringt sie zwei Elemente zusammen, die nicht vereinbar sind: das Wohnen in Stadtrandlage, das die Ruhe will, und den überörtlichen Verkehr, der Lärm macht und weitere Umwelt Emissionen verursacht (▶Schwermetalle durch Straßenverkehr; ▶NOx).

Die vorhandene Bebauung, an die die Trasse angrenzt, liegt in einem reinen Wohngebiet, der höchsten Lärm-Schutzstufe. Die Neubaugebiete sind überwiegend als allgemeines Wohngebiet vorgesehen. Der Lärmschutzwall, der über eine längere Strecke nicht einmal eine ausreichende Höhe erreicht, soll die beiden Elemente Wohnen und Umgehungsstraße vereinbar machen.

In verdichteten städtischen Lagen, vor allem in Großstadtlagen, ist die Schaffung von Baugebieten mitunter nicht anders möglich, als mit der Wohnbebauung bis an klassifizierte Straßen heranzugehen. Die müssen dann mit Lärmschutzwänden oder -wällen vor dem Lärm geschützt werden. Das hat da aber in der baulichen und verkehrlichen Dichte einerseits und der hohen Zahl von Wohnungssuchenden andererseits seinen unabweisbaren Grund.

In ländlichen Wohn- und Verkehrslagen ist das nicht nötig und deshalb sollte es unterbleiben. Hier sollte dem Grundsatz gefolgt werden, Umgehungs-straßen und Wohnbebauung räumlich so weit zu trennen, dass eine Lärmbelästigung nicht eintritt. Das braucht ausreichend Platz, der im Südosten von Horn nicht vorhanden ist.

Nach aller Erfahrung werden auch die Personen, die sich Grundstücke in der Nähe des Lärmschutzwalls kaufen, sich nach einiger Zeit durch den Lärm so belastet fühlen, dass sie sich mit Eingaben an die Behörden wenden, die eine Verkehrs- und Lärmreduzierung zum Ziel haben (▶Tempo 30 ). Damit dürfte der Südring auf Dauer Konflikte hervorrufen, die die Behörden immer wieder beschäftigen und wahrscheinlich zu Verkehrslenkungen zur Entlastung der angrenzenden Wohnbebauung veranlassen werden. Das wird auch den im Gewerbegebiet Horn-Nord ansässigen Betrieben und vor allem solchen Betrieben, die eine Ansiedlung in diesem Gebiet erwägen, nicht gleichgültig sein und bei Ansiedlungsentscheidungen vorsichtig machen.

Der Knotenpunkt Bahnübergang würde durch den Südring zwar in gewissem Umfang entlastet, aber nicht beseitigt. Und es dürfte ein weiteres Gefahrenmoment hinzukommen: Der Kreisverkehr Steinheimer Straße/Hessenring liegt etwa 60 m von den Gleisen entfernt. Es kann vorkommen, dass der auf der Steinheimer Straße in Richtung Stadt fahrende Verkehr sich vor dem Kreisel bis in den Bahnübergang hinein aufstaut.

Fazit

Die amtlichen Begründungen rechtfertigen den Südring nicht.

Es ist gut für Horn, keinen Südring zu bauen.

Wenn die verkehrliche Anbindung des Gewerbegebiets Horn-Nord verbessert werden soll, muss sie sich zur östlichen Auffahrt der B 1 orientieren.


Eine Zusammenfassung finden Sie auf ▶Kurz & Bündig

 

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